Wer sich mitten in der Agrarwüste der Westfälischen Bucht auf die Suche nach besonderen Schmetterlingen macht, muss gezielt nach Biotopen suchen, die nicht aus überdüngten Wiesen und Weiden oder Maisfeldern bestehen. Einige dieser Biotope, die ich - oft zusammen mit Prof. Dr. Frank Rosenbauer, einem Nachtfalterspezialisten - häufiger aufsuche, möchte ich im Folgenden kurz vorstellen.
 

  • NSG Vorbergs Hügel

Die Gasselstiege in Münster führt aus der Nähe des Stadtzentrums nach Norden. Sie ist größtenteils nur für den Anliegerverkehr freigegeben und wenig befahren. Im Norden Münsters passiert sie den Stadtteil Kinderhaus auf der Westseite. Am Ende der Bebauung läuft die Teerstraße durch das Gelände des Golfclubs Wilkinghege (2). Baum- und Buschbestand auf beiden Seiten sind Habitat der Frostspanner und einiger Wintereulen. Bis zur Abzweigung zum Landgasthof Wilhelmer (8) ist die Straße für den öffentlichen Verkehr freigegeben, danach nur noch für die wenigen Anlieger. Hier geht es dann - steil bergab für Münsteraner Verhältnisse - in eine Senke, an deren Ende das lepidopterologisch interessanteste Gebiet liegt - die Wiese Nr. 6 mit den angrenzenden Mähwiesen (3, 4 und 7). Ab diesem Punkt geht die Gasselstiege in einen ungeteerten Waldweg über, der die Autobahn (1) unterquert und durch das Naturschutzgebiet Vorbergshügel weiter nach Norden führt. An der Traktoreinfahrt zur Wiese hat irgendwer mit neongrüner Farbe die Ziffer 6 an einen Baum gesprüht, daher stammt der familieninterne Name. Die Wiese wird nur zweimal im Jahr gemäht und grenzt im Südwesten an einen Entwässerungsgraben mit dem für das Münsterland typischen Baum- und Buschbestand, der den größten Teil des Tages im Schatten liegt. Der nord-östliche Teil ist dagegen den ganzen Tag lang besonnt. Schlehenhecken und Distel- und Brennnesselfelder bieten vielen Schmetterlingen ihren Lebensraum. Hier lassen sich im sonst relativ schmetterlingsarmen Münsterland erstaunlich viele Tagfalterarten beobachten.
Die größeren Vorkommen von Feldahorn und einige verstreut stehende alte Eschen bieten auch drei besonderen Nachtfaltern Lebensraum und Raupenfutterpflanze, während die Nachtfalterfauna ansonsten keine größeren Überraschungen bereit hält.

Besondere Arten:

Satyrium pruni Pflaumen-Zipfelfalter
Favonius quercus Eichen-Zipfelfalter
Thecla betulae Nierenfleck-Zipfelfalter
Ptilophora plumigera Haarschuppen-Zahnspinner
Cyclophora annularia Ahorn-Gürtelpuppenspanner
Atethmia centrago Ockergelbe Escheneule

  • NSG Rieselfelder

Ebenfalls im Norden Münsters liegt das NSG Rieselfelder, das durch ausgedehnte Wasserflächen und Schilfbestände bei den Ornithologen besonders beliebt ist. Seltene Wasservögel sind hier zu beobachten, und viele Zugvögel verbringen hier den Winter oder überwintern sogar hier.
Die großen Schilfbestände bieten auch Lebensraum und Nahrungsgrundlage für einige seltene Schilfeulen. In den Rieselfeldern ist es Frank Rosenbauer und mir gelungen, einige stark gefährdete Arten nachzuweisen.

Besondere Arten:

Macrochilo cribrumalis Sumpfgras-Spannereule
Chilodes maritima Schmalflügelige Schilfeule
Arenostola phragmitidis Gelbweiße Schilfeule

  • Davert

Die Davert liegt als Grüngürtel im Süden Münsters und gehört zu den Kreisen Münster, Coesfeld und Warendorf. Sie bildet die größte zusammenhängende Waldfläche des Münsterlandes. Zur Davert gehören das NSG Davert und das NSG Venner Moor. In der Emmerbachaue wurde von der NABU-Naturschutzstation Münsterland ein Beweidungsgebiet mit Heckrindern und Konik-Pferden eingerichtet. Ganzjährige Beweidung und Neuanlage von Gewässern und Gehölzgruppen sollen zu einer naturnahen Entwicklung der Flussaue beitragen.
In der Davert finden sich noch naturnahe Straßengräben, Wegränder, Blumenwiesen und ungeteerte Feldwege. Charakteristisch für die Davert und in dieser Größe und Qualität einzigartig in Nordwestdeutschland sind die ausgedehnten Eichen-Hainbuchenwälder. Diese stehen aufgrund kleinräumig wechselnder Bodenverhältnisse in engem Kontakt zu bodensauren, trockeneren Eichen-Buchenwäldern oder zu grund- und stauwassergeprägten Bruch- und Auenwaldstandorten. Mit der Ausweisung eines über 2200 ha großen Naturschutzgebietes und der Meldung als FFH- bzw. Natura 2000-Gebiet wurde eines der bedeutendsten Verbreitungszentren der Eichen-Hainbuchenwälder in Deutschland gesichert und eine Grundlage geschaffen für den Lebensraumerhalt zahlreicher Arten, die eine starke Bindung an Eichenwälder zeigen. Diese Vielfalt hängt vor allem auch damit zusammen, dass die Davert kein geschlossenes Waldgebiet darstellt, sondern aus mehreren Wäldern besteht, die eng mit einer vielerorts noch hecken- und grünlandreichen Offenlandschaft verzahnt sind. Nicht wenige der zahlreichen gefährdeten Tierarten benötigen gerade dieses Nebeneinander unterschiedlicher Lebensraumtypen, z.B. reich strukturierte Waldränder in der Nähe von blütenreichen Wiesen und Staudenfluren. Hier brütet der Neuntöter, und seltene Schmetterlinge wie Kaisermantel und Kleiner Eisvogel nutzen das reiche Blütenangebot.

Besondere Arten:

Satyrium w-album Ulmen-Zipfelfalter
Limenitis camilla Kleiner Eisvogel
Zygaena trifolii Sumpfhornklee-Widderchen
Carterocephalus palaemon Gelbwürfeliger Dickkopffalter


  • Emsauen bei Saerbeck

Auwaldreste, Weidengebüsche, feuchtes und mageres Grünland sowie Altarme und Flutmulden charakterisieren die Vielfalt der Aue. Die Emsaue besitzt trotz der Beeinträchtigungen durch die Begradigung des Flusses Mitte des 20. Jahrhunderts eine herausragende Bedeutung für den Naturschutz. Auwaldreste sind Lebensraum für Pirol und Nachtigall, in Altarmen, Flutmulden und Senken finden Arten wie Kammmolch, Schwanenblume und Seerose einen Lebensraum. Rohrweihen nutzen Schilfröhrichte als Brutplatz. Flusstäler wurden in ganz Mitteleuropa, besonders aber im dicht bevölkerten Nordrhein-Westfalen, ihrer natürlichen Dynamik weitestgehend beraubt und weisen heute kaum noch intakte Begleitvegetation auf. Vor allem naturnahe Au- und Bruchwälder sind nur noch als kleinstflächige Reste vorhanden. Der aktuelle Wiederfund von L. c-aureum in der Emsaue zeigt jedoch, dass sich auch anspruchsvolle Arten in diesen Reliktflächen bzw. ähnlich strukturierten Ersatzhabitaten bis heute halten konnten. Dies gibt Anlass zur Hoffung für eine potentielle Wiederbesiedlung zukünftig renaturierter Flusstäler aus diesen noch vorhandenen Quellpopulationen heraus.

Besondere Arten:

Lamprotes c-aureum Wiesenrauten-Goldeule


  • Teutoburger Wald - Tecklenburger Land

Nur zwei bis drei Kilometer breit, aber über 100 km lang, zieht sich der Teutoburger Wald an der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen entlang.

Durch intensive Landwirtschaft und Schafbeweidung entstanden auf den Kalksteinflächen süd-exponierte Trockenrasen, Sandflächen wurden zu Heiden. Viele dieser Flächen wurden wieder aufgeforstet, so dass heute nur noch wenige Trockenrasen übrig geblieben sind, um deren Erhalt sich viele im Naturschutz engagierte Menschen und Vereine, aber auch die ortsansässige Kalksteinindustrie kümmern. Diese Trocken- und Halbtrockenrasen stellen mit ihrer einzigartigen Flora und Fauna kleine Inseln eines reichhaltigen Insektenlebens dar. Hier findet man Arten, die man im restlichen Münsterland nur selten findet oder vergebens sucht.

Papilio machaon Schwalbenschwanz
Pyrgus malvae Kleiner Würfel-Dickkopffalter
Spialia sertorius Roter Würfel-Dickkopffalter
Aricia agestis Kleiner Sonnenröschen-Bläuling
Lycaena tityrus Brauner Feuerfalter
Argynnis paphia Kaisermantel
Melanargia galathea Schachbrett
Scopula ornata Schmuck-Kleinspanner
Arctornis l-nigrum Schwarzes L
Tyria jacobaeae Jakobskrautbär

  • Hochsauerland
  • Arnsberger Wald

Der Naturpark Arnsberger Wald ist ein 482 km² großer Naturpark im Hochsauerlandkreis und Kreis Soest im Regierungsbezirk Arnsberg, Nordrhein-Westfalen (Deutschland). Der Naturpark umfasst in der Hauptsache die bis 581,5 m (Plackweghöhe) hohen, größtenteils bewaldeten Mittelgebirgslandschaften des Nordsauerländer Oberlandes im Winkel zwischen Ruhr und Möhne. Neben dem Arnsberger Wald (im engeren Sinne) sind dieses das Warsteiner Hügelland, der Plackwald sowie die links der Möhne gelegenen Teile von Obermöhne- und Almewald.

Lampropteryx otregiata Sumpflabkraut-Bindenspanner
Diachrysia chryson Wasserdost-Goldeule
Callimorpha dominula Schönbär

  • Niedersfelder Hochheide

Das größte zusammenhängende Hochheidegebiet Deutschlands ist das Naturschutzgebiet Neuer Hagen, auch Niedersfelder Hochheide genannt. Man findet es leicht, denn es liegt im Quellgebiet des Flüsschens Hoppecke direkt östlich von Niedersfeld am Nordhang des Clemensbergs (839m). Die Hochheide an der Grenze zu Hessen zeichnet sich vor allem durch die seltenen Pflanzen aus, die darin wachsen. Zum Teil befinden sich sogar arktische und alpine Gewächse darunter - für Hobby-Biologen ein interessantes Erkundungsgebiet. Auf der Niedersfelder Hochheide am Neuen HagenKnapp 76ha groß ist das Naturschutzgebiet Neuer Hagen, die Niedersfelder Heide selbst war allerdings ursprünglich noch viel größer. Durch die ständige Beweidung war ein Hochheidegebiet von 174ha Größe entstanden. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts allerdings wurden große Teile dieser Fläche mit Fichten aufgeforstet, weshalb die Niedersfelder Heide heute von dichten Fichtenwäldern umgeben ist.

Epirrhoe molluginata Hellgrauer Labkrautspanner
Colostygia multistrigaria Frühjahrs-Bindenspanner
Mniotype adusta Rotbraune Waldrandeule
Papestra biren Moorwald-Blättereule
Orthosia opima Opima-Kätzcheneule

  • Silbachtal bei Winterberg

Silbach befindet sich im Nordteil des Rothaargebirges etwa 5 km nordwestlich der Kernstadt von Winterberg und etwa 2,5 km südlich von Siedlinghausen (weiterer Stadtteil Winterbergs). Es breitet sich im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge nahe von dessen Nordgrenze aus. Direkt am Ortsausgang beginnen feuchte Wiesen, u.a. mit Vorkommen des Großen Wiesenknopfes.

Boloria selene Braunfleckiger Perlmuttfalter
Brenthis ino Mädesüß-Perlmuttfalter

  • Gildehauser Venn

Das rund 650 Hektar große Schutzgebiet liegt im so genannten "Drieland", dem Grenzgebiet Niederlande/Nordrhein-Westfalen/Niedersachsen. Es gilt als eines der wertvollsten Feuchtgebiete Nordwestdeutschlands. Bei der 350 ha großen Kernzone handelt es sich um ein vielgestaltiges Moor- und Heidegebiet, das durchzogen ist von flachen, lang gestreckten Dünenrücken. Die feuchten Moorheiden werden von Glockenheide dominiert und sind teilweise mit Schilf und Beinbrechbeständen durchsetzt. Auf den trockenen Dünenrücken herrschen Sandheiden vor. Während in der Kernzone ein vollkommenes Nutzungsverbot herrscht, sind in der Pufferzone land- und forstwirtschaftliche Nutzungen bis zu einem gewissen Grad zulässig.

Pyronia tithonus Rotbraunes Ochsenauge
Plebeius argus Argus-Bläuling
Acronicta menyanthidis Heidemoor-Rindeneule

  • Syen Venn

Das Syen-Venn wurde jahrhundertelang von den umliegenden Bewohnern zum Torfabbau genutzt. Seit 1936 ist das degenerierte Hochmoorgebiet in einer Größe von 193,2 ha unter Schutz gestellt. Es ist von einem ca. 245 ha großen Grünlandgürtel umgeben, der inzwischen nur noch extensiv bewirtschaftet wird. 1986 wurde durch den Landkreis Grafschaft Bentheim die Stiftung Feuchtgebiet Syen-Venn ins Leben gerufen. Zweck der Stiftung ist die Erhaltung und Schaffung von Feuchtgebieten im Zusammenhang mit dem bestehenden NSG, insbesondere aber der Schutz der in diesem Gebiet vorkommenden Tier- und Pflanzenarten. Zur Verbesserung der Lebensbedingungen für Vögel wurden Ackerflächen zu Grünland umgewandelt, Gräben zugeschüttet und Wiedervernässungsmaßnahmen durchgeführt sowie mehrere Blänken angelegt.

Coenonympha tullia Großes Wiesenvögelchen
Coenophila subrosea Hochmoor-Bodeneule
Celaena haworthii Haworths Mooreule

  • Tinner Dose - Sprakeler Heide

1877 richtete die Firma Krupp nordwestlich von Meppen im Emsland einen Schießplatz zur Erprobung reichweitengesteigerter Heeres- und Marinegeschütze ein. Seit 1957 wird der Schießplatz als Erprobungsstelle für Waffen und Munition von der Bundeswehr genutzt. Der Schießplatz Meppen gilt heute als größter Landschießplatz Europas und umfasst eine Gesamtfläche von 19.200 ha, die sich über eine Länge von etwa 31 km und einer Breite von 5 bis 7 km erstrecken. 3.550 ha des Schießgeländes sind als Naturschutzgebiet (NSG) „Tinner Dose – Sprakeler Heide“ ausgewiesen. Das NSG liegt in der naturräumlichen Einheit „Ems-Hunte-Geest“ des nordwestdeutschen Tieflands. Der als „Tinner Dose“ bezeichnete Südteil umfasst ein großes Hochmoorgebiet, das lediglich an den Rändern durch Handtorfstiche abgebaut wurde. Eine landwirtschaftliche Nutzung findet aufgrund des Schießbetriebes nicht statt, wodurch sich einer der größten zusammenhängenden offenen Hochmoorbereiche Mitteleuropas erhalten konnte. Die Tinner Dose ist das einzige große Moor in Westniedersachsen, das nicht industriell abgetorft wurde und auch heute noch lebende Hochmoorbereiche enthält. Allerdings wird die Moorfläche durch mehrere Gräben entwässert und Großteils zu Zwecken der Offenhaltung für den Schießbetrieb in regelmäßigen Abständen abgeflammt. Als Folge des allgemein erhöhten Luftstickstoffeintrags und der Entwässerung sind echte Hochmoorvegetationsgesellschaften, wie Torfmoos- Schwingrasen oder Bult- und Schlenken-Assoziationen, nur noch sehr kleinflächig vorhanden. Im Großteil der Tinner Dose herrscht gegenwärtig offene Moorheide mit Dominanz von Molinia caerulea und Erica tetralix vor. An den Randbereichen ist teilweise auch Moor- und Bruchwald zu finden, lokal mit ausgedehnten Beständen von Myrica gale. Am nördlichen und westlichen Moorrand grenzen Sanddünenkomplexe an, von denen die flächenmäßig größte als „Sprakeler Heide“ bezeichnet wird. In den Dünenbereichen geht die Moorheide fließend in von Calluna vulgaris dominierte Trockenheide und offene Sandflächen mit Silbergras über. Lokal, vor allem entlang von unbefestigten Straßen und Wegen sowie an Beobachtungsbunkern, befinden sich ruderalisierte Flächen mit diversen Kräutern und Stauden. Ähnlich wie die Moorheide werden auch trockene Heidebereiche in regelmäßigen Abständen partiell abgeflammt, zum Teil jedoch auch gemulcht. Insgesamt führten diese Maßnahmen zu einem strukturreichen Mosaik aus Zwergstrauchheiden diverser Altersstufen und Wuchsdichte. Teilweise sind im Gebiet bodensaure Eichenwälder und dystrophe Seen mit verlandenden Binsensümpfen vorhanden.

Phalacropterix graslinella Graslins Sackträger
Orgyia antiquoides Heide-Bürstenspinner
Aporophyla lueneburgensis Heidekraut-Glattrückeneule
Heliothis maritima Warneckes Heidemoor-Sonneneule
Xestia agathina Heidekraut-Bodeneule
Sphinx ligustri Ligusterschwärmer



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